Ich war im Kino...

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MovieMan
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IT LIVES INSIDE

#751 

Beitrag von MovieMan »

Schülerin Tamira hält sich neuerdings an einem komischen Einmachglas fest. Im Streit mit ihrer besten Freundin Sam zerbricht das Glas und schon ist der indische Dämon freigesetzt, sodass auch Sam eine Veränderung durchmacht. Keine Hilfe ist die Mutter, die sehr an der indischen Tradition festhält, auch in der modernen USA. Zusammen rauft man sich dennoch mit der Sam zugewandten Lehrerin und der Familie, um den Dämon in seine Schranken bzw. zurück in das Glas zu verweisen.

Horrormixtur mit Coming of Age und fremdkulturellen Anteilen. Die Dämonengeschichte wird mit den Problemen des Einlebens in eine neue Kultur sowie einer Heranwachsenden mit der Loslösung vom Elternhaus angereichert.
Spannend ist die Geschichte schon wenn auch nicht sonderlich gruselig. Während die Ausarbeitung der Figur von Sam schon ganz gut gleungen ist, erfährt man von dem Dämon recht wenig. Auch hätte man die indischen/hinduistischen Bräuche noch mehr mystisch hervorheben können. Dazu hätte sich eine Szene in der Wohnung der Familie angeboten. Wie man Rituale gruselig gestalten kann zeigt immer noch ROSEMARIES BABY.

Alles andere ist von der Stange: Kameraführung, Effekte, Maske usw.

Wenig gruseliger Dämonenhorror mit einer frischen Idee, diese in die indische Kultur zu setzen, mit Schwächen in der Ausarbeitung und (Horror)Dramatik.
bild 7.55 Software 5.4.6.0, Vodafone Kabel TV, AVR Yamaha RX-A1080, Panasonic UHD 9004, Elac FS und CC 189 + TS 3030 + WS 1235 + Sub 2030 als 5.1.2 System, PS3, ATV4K

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ANATOMIE EINES FALLES

#752 

Beitrag von MovieMan »

Ein abwegig gelegenes Haus in den verschneiten Bergen, ein Ehemann, eine Ehefrau (S. Hüller) und ein blinder Sohn. Plötzlich liegt der Mann tot im Schnee und es schließt sich ein Gerichtsprozess an, dessen Verlauf für einige unerwartet kommt.

Mehr braucht es nicht, um einen Film mit der Goldenen Palme in Cannes auszuzeichnen. Da ich mir den Zwang auferlegt habe, auch mal abseits des Mainstreams Filme zu sichten, habe ich mir dieses Gerichtsdrama ausgesucht, inhaltlich passend zu meinen Vorlieben (wie z.B. über ZEUGIN DER ANKLAGE, DIE ZWÖLF GESCHWORENEN bis hin zu DER FALL COLLINI und diverse mehr). Und mein Gespür wurde rechlich belohnt.

Vordergründig wähnt man sich lange in einem typischen Whodunit und rätselt eifrig mit, was denn geschehen ist. Hintergründig - und das ist der eigentliche Fokus des Films - wird viel über die Wahrnehmung von Realitäten und Fakten aufgezeigt und wie es sich mit der objektiven Wahrheit verhält. Die objektive Wahrheit wird immer mehr infrage gestellt, je mehr Aussagen in diesem Prozess getätigt werden. Die Trennung von subjektiver Wahrnehmung und objektiven Fakten gelingt mit jeder Filmsekunde weniger gut. Und das macht den Film sauspannend.
Den Zuschauern wird vor Augen geführt, wie sehr unser aller Leben von diesen subjektiven Wahrnehmungen in allen seinen Varianten (Angelerntes, Mehrheitsmeinungen, Fake News, etc.) bestimmt wird und wie schwer, wenn nicht gar unmöglich es ist, einen Sachverhalt objektiv so aufzuklären, dass am Ende die einzige objektive Wahrheit übrig bleibt.
Gekonnt wird mit wenig Rückblenden gearbeitet und wenn, dann wird im entscheidenden Moment ausgeblendet, sodass sich der Zuschauer nur auf Gehörtes/Gesprochenes und Hörensagen verlassen muss, da ihm seitens der Regie die notwendige eigene Beobachtung, die zu einer eigenen und gesicherten Urteilsfindung erforderlich wäre, vollkommen entzogen wird. Und so irrt der Zuschauer mit seiner Meinung ebenso durch den Raum wie das Gericht/die Geschworenen auch. Würde man zu bestimmten Zeitpunkten die Kinovorstellung unterbrechen und die Zuschauer befragen, was sie glauben, dass denn geschehen sei, würde man sicher Antworten in jede Richtungen erhalten, jedoch keine einheitliche.
Glücklicherweise lässt einem der Film immer wieder Zeit, sich eigene Gedanken zu machen und trotzdem sind die zweieinhalb Stunden Spieldauer weder langweilig noch langwierig.

Getragen wird der Film von S. Hüller, der aufkommenden Geheimwaffe des deutschen Kinos, wenn es um ambivalente Frauen geht. Ihren Erfolg seit TONI ERDMANN führt sie hier konsequent fort. Für mich ist sie der weibliche Gegenpart zu einem L. Eidinger, in der Spielweise völlig angstfrei und enthemmt.
Ganz im Dienste der Geschichte verkörpert sie eine Ehefrau, die man gar nicht richtig fassen bzw. einordnen kann. Von gefühlt eiskalt bis naiv ehrlich nimmt man ihr ohne Wimpernzucken ihr Spiel ab. Ihr grandioses Spiel trägt zusätzlich dazu bei, dass die Zuschauer lange im Dunkeln tappen, was die Auflösung der Geschichte angeht. Das dramaturgische Kalkül, die Geschichte rund um diese Figur aufzubauen, geht vollends auf, auch Dank der Perfomance von Hüller.

Apropos Auflösung. Letztlich kommt das Ende nicht unerwartet und spätestens dann wird sich jeder Zuschauer wieder die Frage nach der objektiven Wahrheit stellen.

Ein Lehrbuchbeispiel von einem Film um Stimmungs- und Meinungsbildung, wie es aktueller in Hinblick auf das Weltgeschehen nicht sein kann, eingepackt in ein Gerichtsdrama mit einem mutigen und aufgehenden Konzept der Regie und einer ganz herausragenden Hauptdarstellerin. Hier mal wieder eine unbedingte Empfehlung für einen Gang in das nächste Lichtspielhaus.
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THE MARVELS

#753 

Beitrag von MovieMan »

Captain Marvel alias Carol Danvers (B. Larson) hat die Kree in deren Schranken verwiesen, jedoch nicht ohne Auswirkungen auf deren Heimatplaneten Hala. Ein plötzlich auftauchendes Wurmloch bringt die Kräfte von Captain Marvel gehörig durcheinander und sie muss sich mit ihrer besten Freundin Monica Rambeau sowie ihrem besten Fan, Kamala Kahn (Ms Marvel) zusammentun, um die nächste Bedrohung abzuwehren.

So langsam wird es sehr schwierig für mich, den Überblick zu behalten. Hier reicht es auch nicht mehr aus, alle Marvelfilme gesehen zu haben. Zumindest sollte man die Serie MS MARVEL auf Disney+ verfolgt haben, sonst gelingt die Einordnung der plötzlich auftauchenden Möchtegernsupergöre Kamala Khan nicht richtig.
Herausgekommen ist ein Marvelfilm, der Frauenpower in den Vordergrund stellt und sich beim jugendlichen Publikum geradezu dessen Gunst erbettelt. Der ganze Film driftet in Richtung Jungendabenteuer ab, bei dem die Marvelfiguren nur noch nette Beigabe sind. Ja, das MCU wird weitergesponnen, doch ob da bis auf Wenige noch den Überblick haben, wage ich zu bezweifeln. Auch Quereinsteigern dürfte es schwer fallen, die Handlungsfäden noch nachspinnen zu können. Von dem Ernst der Geschichte, die seit IRON MAN in den Vordergrund gestellt wurde, hat man sich längts verabschiedet. Am ehesten ist dieser Film mit SHAZAM vergleichbar, welcher auch auf ein deutlich jüngeres Publikum abgestellt ist.

Diese inhaltlichen Schwächen nagen an der Spannung, es tritt schnell Ermüdung ob des Inhaltes ein. Diesen Umstand kann auch eine stets bemühte B. Larson schauspielerisch nicht wettmachen.

Dazu stimmt auch die technische Umsetzung nicht richtig, um mit dem bisherigen Bombast mithalten zu können. Trotz Einbindung aller Ressourcen, die Disney auf technischem Gebiet (ILM, SKYWALKER SOUND, WETA) zur Verfügung stehen, zündet die technische Stufe des Films nicht, als sei das Budget bei Disney plötzlich stark begrenzt.
Optisch ist das Bild schwankend. Während die Protagonisten in Close-Ups meist scharf abgebildet sind, wird das Bild umso weicher und teils unscharf je mehr digital künstlich generierte Bildanteile auf der Leinwand auftauchen. Auch der 3D Effekt ist nicht mehr als mittelmäßig, auf besondere 3D-Schauwerte hat man nahezu völlig verzichtet. Einzig die Morphing-Szenen mit den Flerken sind gut gemacht, sodass das dramaturgisch eingearbeitete besondere "Transportmittel" mit zu den stärktsen Szenen des Films gehören.
Auch beim Sound hat man wieder leicht zurückgefahren. Ein Mehr an Räumlichkeit und Druck wäre wünschenswert gewesen.

Jetzt endgültige Einläutung eines Abgesangs bei Marvel? Wenn man diesen Film gesehen hat, muss man das befürchten.
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DIE TRIBUTE VON PANEM - THE BALLAD OF SONGBIRDS & SNAKES

#754 

Beitrag von MovieMan »

Die Kriege sind vorüber und in Panem werden jährlich im Fernsehen übertragene Hungerspiele, bei denen sich Vertreter aus den 12 Distrikten gegenseitig abmurksen müssen, um ihre Unterwürfigkeit der Führung gegenüber zu bekunden, abgehalten. Doch das TV-Format schwächelt, da das Brainwashing der Bevölkerung mangels dessen Interesse durch fehlende Identifikationsfiguren nicht mehr funktioniert. So werden bei den 10. Spielen erstmals sogenannte Mentoren eingesetzt, die einer Person aus den Distrikten bei dessen Kampf zur Seite stehen sollen. Damit das funktioniert, hat man das Schicksal der Mentoren vom Erfolg deren Kämpfer abhängig gemacht. Einer der noch jungen Mentoren ist Coriolanus Snow....

Das Prequel zu den bisherigen Teilen kümmert sich um die Anfänge der Hungerspiele sowie der Mentoren, ganz ohne eine Katniss Everdeen. Erzählt wird der schwierige Aufsteig und die Sinneswandlung von dem späteren Präsidenten Snow. Lustigerweise hat man damit das Gleiche gemacht wie bei STAR WARS, wo bei Episoden 1-3, die auch erst nachgeschoben wurden, das Aufstreben von Darth Vader zum Thema gemacht wurde - also gut geklaut?
Ich sage mal ja. Man hat zwar das Kampfarenenspektakel gehörig zurückgefahren, doch dafür die Figur des Snow deutlich ausgearbeitet. Und das ist schon sehr ordentlich gelungen, auch wenn es gegen Ende ein wenig holperig und sprunghaft zugeht. Ein perfektes Ergebnis wird man bei solchen Geschichten wohl nie erzielen. Die Fokussierung auf das Drama ist nachvollziehbar, da sich die TV-Show trotz einer 10. Ausgabe ja erst im Aufbau befand. Trotzdem sind die Arenenszenen spannend umgesetzt, einschließlich einer dynamischen Gruppenorientierung der wetteifernden Figuren. Zusätzlich hat man auf der Seite von Panem noch mehr zwielichtige Charaktere eingesetzt, die die Story vielschichtiger wirken lassen, da es auch einen Wettkampf um die Führungsrollen im Staat gibt. Insofern erhalten wir Zuschauer ein dystophisches Politdrama mit Machtdemonstrationen im Kleinen sowie im Großen.
Auf der Metaebene darf sicherlich auch eine Kritik an immer weiter ausufernden und entwürdigend inszenierten TV-Shows beim Zuschauer ankommen.

Die Zurschaustellung findet nur an wenigen Schauplätzen statt, die immer abwechselnd im Fokus der Handlung stehen. Auch das weist eine frappierende Ähnlichkeit zu den STAR WARS Filmen auf, vermittelt aber Abwechslung und hält die Spannungskurve oben.

Technisch ist die Umsetzung nicht der Überhammer, doch die Eindrücke wirken. Die Hintergründe sind leider manchmal etwas zu weichgezeichnet und als Digitalprojektion leider erkennbar. Doch Babelsberg befindet sich auf einem sehr guten weg, Hollywood mitlerweile Konkurrenz zu machen.
Musikalisch schlägt der Teil bereits eine vorsichtige Brücke zu den bisherigen Filmen, sodass die Musik als Ankündigung der dramatischen Zuspitzung verstanden werden kann.

Für mich überraschend mal ein gelungenes Prequel, mit einer interessanten Figur aus der Panem-Welt mit einer spannend konstruierten Dramaturgie, ohne die Actionseite allzu sehr zu vernachlässigen. Gern mehr davon.
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THANKSGIVING

#755 

Beitrag von MovieMan »

Der Black Friday gerät in einem Supermarktshop in Plymouth zu einem Massaker. Ein Jahr später treibt ein Serienkiller in Plymouth zu Thanksgiving sein Unwesen, um Rache an damalig Beteiligte zu verüben.

Aus einem Fake-Trailer zu den Grindhouse Filmen PLANET TERROR und DEATHPROOF hat der Horror erfahrene Regisseur Eli Roth einen Spielfilm gezaubert, nachdem bereits andere Fake-Trailer wie MACHETE oder HOBO WITH A SHOTGUN als Spielfilme umgesetzt wurden.
THANKSGIVING präsentiert sich im Fahrwasser der SCREAM-Reihe bzw. Filmen wie ICH WEIß WAS DU LETZTEN SOMMER GETAN HAST als waschechter Slasher im 70er/80er Gewand. Optisch hat man jedoch auf den grindhousetypischen Schmuddellook verzichtet.
E. Roth greift Szenen des Trailers konsequent auf und spinnt daraus eine ganze Geschichte. Außerdem ist der Film voll gespickt mit Reminiszenzen an die o.g. anderen Filme oder dem Horrorgenre per se, wie auch das Eingangssetting im Kaufhaus, welches DAWN OF THE DEAD "entliehen" sein sollte.
Der Film ist recht spannend inszeniert und lädt zum Mitraten ein, obwohl die Auflösung nicht so superüberraschend ist.

Es geht auch ordentlich blutig zu Werke, die FSK18 haben ihre Begründung, wobei man ob der Übertriebenheit der Darstellung schon fast eine FSK16 hätte durchgehen lassen können. Zuschauern wird ein belastbarer Magen abverlangt und Fleischanhänger werden ihren Truthahnbraten in Zukunft mit anderen Augen sehen. Die Gore-Effekte sind ordentlich gelungen und sehen auch handgemacht aus, was immer eine andere Wirkung erzielt als CGI-Effekte.

Darstellerisch bewegt man sich im leicht gehobenen Mittelmaß, was dem "Ton" des Films entgegenkommt, denn das Grindhouse-Gefühl soll ja nicht verloren gehen. Selbst der neu gekürte Sexiest Man Alive, P. Dempsey, hält sich vornehm zurück.

Unterhaltsam gelungene Umsetzung des Fake-Trailers aus 2007 mit schön dreckigem Grindhouse-Feeling, ohne dessen Look.
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NAPOLEON

#756 

Beitrag von MovieMan »

Die Französische Revolution tobt und einige der Adeligen müssen ihr Haupt lassen. In diesen Wirren steigt der Artilleriekommandant Napoleon Bonaparte (J. Phoenix) in der neuen Französischen Republik empor und zementiert mit weiteren erfolgreichen Schlachten seinen Machtanspruch, bis er sich zum Kaiser krönen lässt. Doch seine Liebe zu Josephine (V. Kirby) artet für beide in ein ganz eigenes und anderes Machtspiel aus, da ein Nachkomme ausbleibt. Auch das politische Blatt wendet sich und Napoleon macht militärische Fehler. Man schickt ihn in die Verbannung nach Elba. Doch er lässt sich nicht beirren.

Dass der Regisseur R. Scott Historienfilme kann, hat er ja nun mit GLADIATOR mehr als eindrucksvoll erwiesen. Mit NAPOLEON will er an diesen Erfolg anknüpfen. Entstanden ist ein zweieinhalbstündiges Werk um das Wirken Napoleons ab der Französischen Revolution bis zu seinem Tod. Der Film ist für die TV-Plattform Apple+ produziert, wird jedoch auch im Kino gezeigt. Und da gehört er auch hin. Ähnlich wie in GLADIATOR werden Schlacht- und Massenszenen auf größtmöglicher Leinwand erst zu einem eindrucksvollen Ereignis und die Umsetzung dieser Szenen ist bis auf leichte Schwächen über jeden Zweifel erhaben, mehr dazu später. Was jedoch auffällt ist, dass im übrigen Wirken es ziemlich gehetzt zugeht und der Entfaltung der Beziehungen der Personen zueinander zu wenig Platz eingeräumt wird. Außerdem wird Napoleon als ziemlicher Schürzenjäger und verliebter Gockel dargestellt. Ob das historisch verbrieft ist, weiß ich (noch) nicht. Spannend sind auch die Ränkespiele unter den Politikern und Militärs, doch das hätte eben mehr ausgearbeitet werden müssen. Deshalb hat wohl auch Scott angekündigt, einen gut vierstündigen Directors Cut nachschieben zu wollen. Insofern ist der Kinogänger bereits jetzt um einen maßgeblichen Anteil am Filminhalt betrogen und kann sich dann später am TV die Langfassung ansehen, sofern man sich nicht entsinnt diese ebenfalls in die Kinos zu bringen, wann auch immer. Dieses Wissen trübt natürlich die Freude ein wenig, da die fehlenden Inhalte dem Film anzumerken sind.

Scott geht kein Risiko ein und besetzt die Hauptrolle mit J. Phoenix, der schon in GLADIATOR bewiesen hat, dass er irre Führer darstellen kann. Rein subjektiv hatte ich aber manchmal das Gefühl, dass Phoenix trotz sehr guter darstellerischer Leistung einfach nicht die richtige Person für einen Napoleon ist, ohne dass ich das so richtig begründen kann. Vielleicht wäre ein noch unbekannter Schauspieler in der Rolle besser gewesen, denn ein unbekannte Person ist auch bar jeglichen Vergleichs zu Vorleistungen. Vielleicht gefällt mir Phoenix in der Langfassung ja besser.
Mit V. Kirby hat man Phoenix einen genialen weiblichen Gegenpart zur Seite gestellt, agiert wird auf Augenhöhe und weder Kirby noch die von ihr dargestellte Person der Josephine lassen sich die Butter vom Brot nehmen.
Sämtliche anderen Schauspieler sind mit ihren Rollen teils leider nur zu Statisten degradiert, da ihre Rollen meist nur kurze Leinwandpräsenz haben.

Kameratechnisch wird Wert auf ein ausgewogenes Bild gelegt. Was ich vermisst habe, sind kreative Szenen in den Schlachten. Von der optischen Konzeption erinnert die Kameraführung eher an alte Western aus den 50/60ern, wo Indianerhorden gegen die Kavallerie gekämpft haben, Halbtotale und Totale wechseln sich mit leicht verändertem Sichtwinkel ab. Wie man so etwas auch mörderspannend darstellen kann, hat jüngst die aktuelle Verfilmung von IM WESTEN NICHTS NEUES gezeigt, die zu Recht bei den Oscars mit dem Gewinn der Trophäe für die Beste Kamera ausgezeichnet wurde.
Im Übrigen ist das Bild auch nahezu durchgehend seitens der Farben sehr entsättigt und erinnert an den Look der Anfangsschlacht der Römer gegen die Barbaren in GLADIATOR. Diese Entscheidung kann ich nicht nachvollziehen. Sicherlich unterstreicht die Farbgebung das Gemüt des Films bzw. die Gemütslage Napoleons doch bringt man sich hier um die Wirkung der sensationell gestalteten Kostüme.

Denn wenn man dem Film eines nicht vorwerfen kann, ist es, dass ordentlich Budget in Ausstattung und vor allem in prächtige Kostüme geflossen ist. Für mich ein ganz heißer Kandidat bei den nächsten Oscars in dieser Kategorie. Was für ein Jammer, diese nicht in der vollen Farbpracht darzubieten. Wie eine solche Farbpracht dennoch wirken kann, zeigt z.B. der Film PATRIOT - ausgewogenes Farbschema ohne über zu betonen.

Insgesamt dennoch ein lohnenswertes Biopic mit einem leichten Dämpfer was die Ausarbeitung der Beziehnungen der Figuren zueinander angeht und in manchen eigentlich großartigen (im wahrsten Sinne des Wortes) Szenen nicht viel mehr als über 08/15 hinauskommt. Nützt wohl nix, muss in Langfassung erneut gesichtet werden, wahrscheinlich leider dann nicht im Kino - aber man weiß ja nie.
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