Ich war im Kino...

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MovieMan
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KLEINE SCHMUTZIGE BRIEFE

#801 

Beitrag von MovieMan »

Südengland, die 1920er Jahre: In der spießbürgerlichen Stadt Littlehampton wohnen die Familien von Edith (O. Colman) und Rose (J. Buckley) Tür an Tür und haben sich angefreundet. Doch nach einiger Zeit erhält Edith anonyme Briefe, deren Inhalt vulgär und obszön sowie zutiefst beleidigend sind. Kurze Zeit später scheint der Täter ausgemacht und die Freunschaft zerbricht. Übrig bleiben Beleidigungen und Demütigungen auf beiden Seiten. Nur die Polizistin Gladys (A. Vasan) scheint den Überblick zu behalten.

Very british - was uns hier aufgetischt wird. Und es wird noch schräger wenn man zu Beginn schon darauf eingestimmt wird, dass die Geschichte einen wahren Hintergrund hat. Der Humor ist britisch trocken aber durchfließt fast jede Szene.
Bis in die Nebenrollen hat man richtige Typen charakterisiert und aus dem Mikrokosmos der Kleinstadt lässt sich das soziale und rechtliche Gefüge außerhalb dieser kleinen Gesellschaft nur erahnen: Frauen hatten wenig zu melden, begehrten aber auf und es war besser, schnell einen Täter zu verhaften als dessen Schuld begründet nachzuweisen. Neben der Familiengeschichte und dem Streit erhält man Einblick in das gesamtgesellschaftliche System, einschließlich Klatsch und Tratsch.
Colman und Buckley spielen herausragend und liefern sich ein Duell mit schauspielerischem Seltenheitswert. Leicht erinnert es an das Gespann aus Farrell und Gleeson aus THE BANSHEES OF INISHERIN, aber die Nebenrollen hat man ebenso gut besetzt, insbesondere die der Polizistin Gladys und von Ediths Vater (T. Spall).
Die Dialoge sind scharf geschliffen und der Film enthält eine Wendung, die jedoch die Spannung nicht unterbricht sondern nur in eine andere Richtung bringt. Da erinnert der Film dann teils an SEE HOW THEY RUN.

Insgesamt eine sehr unterhaltsame und wortgewandte durch und durch britische Komödie mit Krimitouch, mit toll herausgearbeiteten Figuren und noch besseren schauspielerischen Leistungen. Ein richtiges Highlight - auch noch 100 Jahre nach den eigentlichen Ereignissen.
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Rudi16
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POOR THINGS

#802 

Beitrag von Rudi16 »

MovieMan hat geschrieben: Sa 20. Jan 2024, 17:57 All das wird zusammen mit vielen weiteren Einfällen, z.B. Format des Films und stellenweise S/W-Darstellung von der Regie (Y. Lanthimos) herausragend in Szene gesetzt und zu einem Film zusammengefügt, der eine seltene Wucht entfaltet. Weder der Geschichte, den Figuren noch der gesamten Aufmachung kann sich ein Zuschauer entziehen, selbst diejenigen nicht, denen der Film nicht zusagt.
Komme gerade aus dem Kino, wo ich mir - auf Deine Beschreibung hin - den Film angesehen habe. Zugegeben, er läßt mich ein wenig ratlos zurück. Aber Deine Ausführungen passen sehr gut. Auf jeden Fall ein Kunstfilm weit jenseits des Mainstreams.

Lief übrigens hier in Kino 5. Das ist mit ca. 80 Plätzen der kleinste Saal. Für mich ein Novum. Nur 11 Leute waren anwesend. Davon 10 Frauen. Woran das wohl liegen mag...
Loewe Connect 40 3D DR+ (8.52.0), UniCAM V2 (Sparta 5.52), Yamaha Aventage RX-A810 / BD-1010, Canton GLE490.2, GLE455.2 und GLE430.2, Nubert AW-441, Fritzbox 4060+4040, iPhone10, Xperia10-II

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GODZILLA X KONG: A NEW EMPIRE

#803 

Beitrag von MovieMan »

Kong herrscht über Hohlerde und Godzilla konzentriert sich auf die Oberfläche der Erde. So gehen sich die beiden Titanen aus dem Weg. Die menschliche Institution "Monarch" erhält beunruhigende Signale aus Hohlerde. Grund dafür ist ein neuer Gegner Kongs, der sich ohne weitere Hilfe kaum zu erwehren weiß. Da Menschen nur wenig ausrichten können, versucht Kong auf andere Weise Hilfe herbeizuschaffen, um den Störenfried in die Schranken zu weisen.

Die Filme aus dem Monsterverse werden immer abgedrehter und die menschlichen Mitspieler immer überflüssiger. Die Reihe könnte auch als Marvel-Variante eines Monsterverse fungieren - so ähnlich wie die Avengers. Inhaltlich hat diese Filmreihe nichts mit dem starken GODZILLA MINUS ONE zu tun. Sie ist wesentlich actionorientierter und Highlight sind die auswüchsigen Kämpfe der Titanen. Die menschliche Seite ist nur Beiwerk, aber irgendwas müssen die Titanen ja auch zerstören. Und von Menschenhand geschaffene Bauwerke sind für das Publikum eben emotional am besten kaputt zu kloppen.
Mir hat die Apple+ Serie "Monarch" eigentlich ganz gut gefallen. Das Kennen der Serie ist aber keine zwangsläufige Voraussetzung dafür, dass dieser Film inhaltlich verständlich ist. Oberflächlich hilft die Serie, die Institution besser in die Handlung einordnen zu können. Mehr denn je ist der Film auf die Monster ausgelegt, insbesondere diesmal auf Kong.
Ob die x-te Zerstörungsorgie sich nicht irgendwann mal abgenudelt haben dürfte? Doch die Handlungsstränge, in denen menschliche Figuren im Vordergrund stehen, sind auch keine inhaltliche Offenbarung und schon fast störend.

Technisch ist der Film immer dann stark, wenn die Monster durch die Städte laufen und Häuser, etc. in Einzelteile zerlegen. Das sieht optisch gut gemacht aus. Die Szenen aus Hohlerde fallen tricktechnisch dann doch deutlich ab. Der Look ist zuweilen sehr künstlich und erinnert mehr an eine Renderszene eines Videospiels. Die Verantwortlichen von Weta könnten sicherlich mehr, vielleicht eine Frage des Budgets.
Akustisch geht es ordentlich zur Sache, der Ton ist dynamisch und räumlich. Manchmal könnte er noch etwas differenzierter sein. Ab und zu hat man das Gefühl, dass Töne in der Soundkulisse untergehen.

Aufgebrezelte Monsterhauerei aus dem Monsterverse um Godzilla und Kong mit leichten technischen Schwächen und fast überflüssigen menschlichen Figuren, die es versäumen, der Geschichte einen tieferen Inhalt zu geben. Der Film dürfte sich speziell an die Fans richten, die einfach nicht genug davon bekommen - sei es ihnen gegönnt.
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MORGEN IST AUCH NOCH EIN TAG

#804 

Beitrag von MovieMan »

Kurz nach dem 2. Weltkrieg lebt Hausfrau und Mutter Delia mit Mann und Kindern in einfachen und nicht leichten Verhältnissen. Delia hat Schwierigkeiten, sich den körperlichen Züchtigungen ihres Mannes entziehen zu können und wird dafür von ihrer Tochter Marcella verachtet. Nach Eintreffen eines Briefes scheint Hoffnung gegeben, doch Ivano, ihr jähzorniger Gatte, führt ein gestrenges Familienregiment und ist zudem sehr argwöhnisch.

Das ist eine sehr verkürzte Inhaltsdarstellung, weil ich zukünftigen Zuschauern die Spannung nicht ganz nehmen möchte.
Gleich in den ersten Filmsekunden werden die Weichen gestellt und der Zuschauer weiß, was er erwarten darf. Was dann folgt ist eine Aneinanderreihung von puren Demütigungen in jegliche Richtungen. Und doch hat der Film an einigen Stellen schon fast einen komödiantischen Unterton. Doch das Lachen bleibt den Zusehern im Halse stecken. Denn die oberflächlich komödiantisch gestalteten Szenen sind nur ein Stilmittel, welches die eigentliche Dramatik umso mehr an den Zuschauer transportiert. Für diesen Transport setzt die Regisseurin noch ein weiteres Mittel ein: Misshandlungsszenen werden von einem Chanson begleitet als Tanz choreographiert. Zwar wird die optische Gewalt zunächst abgemildert aber auch in einem so hohem Maße abstrahiert, dass beim Zuschauer das Kopfkino angeht. Und dieses kann um Welten grausamere Vorstellungen auslösen, als man auf der Leinwand vielleicht zeigen dürfte.
An diesen Stellen erinnert der Film dann an ZONE OF INTEREST, wo mit dem gleichen Stilmittel gearbeitet wurde.
Zudem ist der Film in S/W gehalten und anfänglich noch im heute ungewohnten 4:3 Format. Das lässt das Geschehen in zunächst weite Ferne rücken. Doch schnell dürfte klar werden, dass das Thema immer noch aktuell ist und noch viel Arbeit in der Gesellschaft zu verrichten ist.

Die konzeptionelle Gestaltung ist für mich das Highlight gewesen. Regie und Drehbuch gehen Hand in Hand. Kluge Dialoge wechseln sich mit fast wortlosen Szenen ab, deren Gestaltung keine weiteren Worte bedürfen - hohe Filmkunst.
Auch sämtliche Akteure sind mit Herzblut dabei, das gilt für die Hauotdarsteller sowie auch die Nebendarsteller. Jede Figur trägt zum Gelingen des Films bei ebenso wie die Spielweise der Schauspieler. Hilfreich war vielleicht dabei auch, dass die Hauptdarstellerin P. Cortellesi zugleich als Regisseurin wie auch Drehbuchautorin fungierte, auch wenn sie das Drehbuch nicht allein geschreiben hat.

Das inhaltliche Ende kam für mich unerwartet, hatte ich doch etwas ganz Anderes im Kopf. Auch dieser "Twist", das Ende so zu gestalten, wie es wohl die Meisten nicht erwarten, trägt sehr dazu bei, die Wucht der Bedeutung der Auflösung hervorzuheben, sodass man trotz dem Erlebten noch irgendwie zuversichtlich bzw. erleichtert das Kino verlassen kann.
Ob der Filmtitel absichtlich gewählt wurde, weiß ich nicht. Es sind in der deutschen Übersetzung allerdings die Worte, die Scarlett O'Hara am Ende von VOM WINDE VERWEHT spricht. Und so ist dieser Titel inhaltlich auch völlig passend für diesen Film.

Italienische Produktion, die wahrscheinlich komplett zu Unrecht vorwiegend nur in Programmkinos gezeigt wird und auch sonst kaum beworben wird, mit immer noch aktuellem Thema, einem super Cast und einer besonders guten Regie - unbedingt ansehen!
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IMMACULATE

#805 

Beitrag von MovieMan »

Die junge Celia (S. Sweeney) begibt sich aus den USA nach Italien in ein Kloster bzw. Sterbehospiz für Nonnen, um dort das Gelübte abzulegen und ihr Leben künftig Gott zu widmen. Schnell merkt sie, dass im Kloster merkwürdige Dinge vor sich gehen. Und nachdem sie sich in Gefahr begeben hat, stellt sie an sich selbst eine merkwürdige Änderung fest, die ihrer Person unter den im Kloster ansässigen Geistlichen einen ganz neuen Stand verschaffen. Immer mehr hinterfagt sie sich, ob das Leben in diesem Kloster wirklich das Richtige für sie ist. Doch einmal dort eingezogen ist es nicht leicht, diesen Ort überhaupt nochmals zu verlassen.

Spannende erste 5 Minuten leuten den Film ein und hinterließen bei mir ordentlich (positiven) Eindruck. So setzte sich der Film dann auch fort.
Die Spielzeit ist dem Inhalt angepasst, die knapp 1,5 Stunden sind nicht künstlich aufgebläht. Damit fällt die Spannungskurve auch nicht zusammen. Zusätzlich geht es ungewöhnlich hart zu Werke. Trotz FSK18 dürfte die Kommission sicherlich schon an enigen Stellen geschluckt haben. Nicht nur Blut sondern auch lädierte Körperteile sind in Großaufnahme zu sehen. Das Ende ist kompromisslos.
Seitens der Geschichte erinnert der Film entfernt an eine Mischung aus ROSEMARIES BABY und Streifen wie I SPIT ON YOUR GRAVE.
Das Drehen in Italien sorgt für die richtige Atmosphäre, das Innere des Klosters sowieso.

S. Sweeney leistet sehr ordentliche Arbeit und gibt zum Ende wirklich alles. Wie oft wohl die Schlusssequenz gedreht werden musste? Das muss man erstmal so rüberbrinmgen können.

Wirklich einer der besseren Horrorfilme der letzten Zeit mit ordentlich Atmosphäre sowie überzeugender Hauptdarstellerin und etwas kompromissloser als viele Vertreter in dieser Richtung.
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DAS ERSTE OMEN

#806 

Beitrag von MovieMan »

In Rom an einem Kloster wird die junge Mararet (N.T. Free) aus den USA erwartet. Dort soll sie ihren Glauben mit Unterstützung des ihr bereits bekannten Cardinal Lawrence (B. Nighy) und der altehrwürdigen Schwester Silva (S. Braga) festigen. Bevor das Gelübte abgelegt wird, macht sie mit ihrer Zimmergenossin noch mal einen drauf. Und schon bald merkt sie, dass hinter den Mauern des Klosters schreckliche Dinge vorgehen, die ihren Glauben ein ums andere Mal erschüttern. Doch sie steckt schon viel tiefer in Schwierigkeiten, als sie ahnt.

Im Jahr 1976 reihte sich das Original: DAS OMEN (mit G. Peck und L. Remick in den Hauptrollen) in die Reihe der wegweisenden Horrorfilme ein (1968: ROSEMARIES BABY, 1973: DER EXORZIST), die die Gestalt und das Wirken des Teufels inhaltlich abhandelten.
Mit diesem Film wird die Vorgeschichte von DAS OMEN erzählt. Um es vorwegzunehmen: Der Film funktioniert, ohne die anderen DAS OMEN - Filme gesehen zu haben und ist ggf. für Nicht-Kenner des Originals sogar noch spannender.

Konzeptionell ist dieses Pequel am ehesten mit ROQUE ONE: A STAR WARS STORY zu vergleichen. Das Ende des Films schlägt einen ähnlichen Bogen zum 1976er Werk. Insofern ist es für Kenner des Originals weniger überraschend, was da am Ende bei rum kommt. Doch der Weg dahin ist für mich ganz gelungen.
Zunächst spielt der Film in den frühen 70ern, der Look, die Kostüme und die Ausstattung wurden entsprechend angepasst, ebenso die Farbgebung, die wie eine leicht ausgeblichene VHS-Kassette daherkommt, ist gut und schlüssig gemacht.
Aber auch inhaltlich werden Reminiszenzen an das Original vergeben. Es gibt Szenen, die im Original in ähnlicher Weise enthalten sind, doch selbst für Wissende halten diese im direkten Vergleich noch Überraschungen parat.
Die Inszenierung ist spannend gelungen. Zwar ist der Film auch zeigefreudig, doch anstatt auf Jumpscares setzt er auf längere (inzwischen ungewohnte) Szeneneinstellungen, die dem Zusehenden langsam den Grusel in die Blutbahnen fahren lässt. Der Wechsel zwischen Fantasie/Einbildung und realer Handlung ist fließend und trägt nicht nur bei der Hauptfigur zur Verunsicherung bei. Auch das Publikum darf sich über eine latent den Film überdauernden unwohligen Grundstimmung freuen.
Diese Stimmung wird im Zusammenwirken von Kameraeinstellung, Ausleuchtung und Schnitt sowie dem Einsatz eines passenden Scores erzeugt und verfehlt seine Wirkung nicht.

Schauspielerisch hebt sich N.T. Free positiv aufgrund einer recht glaubwürdigen Darstellung von den übrigen Akteuren ab, ohne dass diese nun schlecht wären (alte Nonnen sind für mich immer gruselig, egal wer die spielt). B. Nighy hätte sicherlich noch mehr gekonnt, war wohl aber durch das Drehbuch limitiert. Die Klasse eines G. Peck und einer L. Remick werden jedoch von niemanden erreicht.

Insgesamt ein würdiges Prequel, umgesetzt mit Spannung und einer Machart, die das Original sinnvoll anschließen lässt.
Für mich einer der besseren Horrorfilme der letzten Zeit, auch noch merklich besser als THE NUN 2 und kürzlich IMMACULATE.
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BACK TO BLACK

#807 

Beitrag von MovieMan »

Die junge Amy Winehouse (M. Abela) ist dem Jazz sehr zugetan und singt in englischen Pubs vor kleinen Gruppen. Von einem Plattenlabel entdeckt wird sie in kürzester Zeit zum Shootingstar der Musik. Doch privat und insbesondere in der Beziehung unglücklich, zeigen sich die Schattenseiten des Ruhms und Amy muss einen einsamen Kampf gegen ihre Dämonen führen, der bekanntermaßen nicht gut ausgeht.

Nach einer Doku wurde sich hier an einem Spielfilm probiert.
Inhaltlich werden die Anfänge, der Durchbruch wie auch die Beziehung zu Blake sowie die Alkohol- und Drogensucht thematisiert. Sicherlich kratzt der Film nur an der Oberfläche und die Darstellung des sich anbahnenden Unglücks ist vielleicht dadurch beeinflusst, dass der Film finanziell durch die A. Winehouse Stiftung mitgetragen wurde. Das und mehr werfen zahlreiche Rezensionen dem Film vor.

Für mich ist das ein Unding. Es geht um einen Unterhaltungsfilm/Spielfilm und nicht um eine Doku. Alle anderen Biopics (BOHEMIAM RHAPSODY, ROCKET MAN, ELVIS ...) leiden dann auch an dieser "Schwäche". Man kann einem Spielfilm nicht vorwerfen, dass er unterhalten will.
Zumindest erhält man unweigerlich einen groben Überblick über das Wirken der Künstlerin und ihren Werdegang sowie über das Privatleben. Wie es in diesen Menschen aussieht und welche Beweggründe sie haben, dieses Geheimnis nehmen sie mit in ihr Grab. Und es ist gerade diese zurückbleibende Ungewissheit, die solche Personen zur Legende werden lässt.

Mein Respekt gilt der Hauptdarstellerin M. Abela. Diese hat selbst gesungen. Zumindest am Anfang hat sich das noch nicht so nach A. Winehouse angehört, doch am Ende wurde es immer besser. Anders als in anderen Biopics wurde wohl (nach meiner Recherche) auf Originaloverlays verzichtet. Da Winehouse eben ein Ausnahmetalent war, kann die Stimme auch nicht ganz getroffen werden, die war einzigartig. Darüber muss man sich aber vorher als Zuschauer schon im Klaren sein. Doch auch in den Nicht-Gesangsszenen überzeugte mich Abela mit ihrem Spiel, das passend zur Grundstimmung der Geschichte ausfiel.

Als heftige Erfahrung habe ich ausgemacht, dass dieser Film mächtig auf die Stimmung drückt. Es verbleibt kaum etwas Positives. Denn die deutschen Untertitelungen der Songtexte lassen einen wissen, dass Winehouse ihren gesamten Kummer und Schmerz dort abgearbeitet hat.
Nix für Depressive.
Glücklicherweise nimmt sich der Film die Zeit, die Lieder in fast voller Länge darzubieten, das war bei ELVIS schon ein Manko, dass dort die Lieder nicht in Gänze gesungen wurden. So kann man sich an der hervorragenden Musik erfreuen, selbst als Nicht-Jazz-Fan.
Akustisch ist das auch würdig umgesetzt. Die Akzente des Gesangs sind gut vor die Musik gemischt und die Musik kommt räumlich und klar sowie mit der notwendigen Dynamik aus den Lautsprechern.

Es verbelibt ein dramatisches, hoch emotionales und letztlich tieftrauriges Biopic über eine Ausnahmekünstlerin, die viel zu früh aus dem Dasein schied.
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EIN GLÜCKSFALL

#808 

Beitrag von MovieMan »

Fanny und Jean haben eigentlich alles was es zum Leben braucht: Sie sind finanziell unabhängig, wohnen chic in Paris und haben einander auch nach Jahren noch furchtbar lieb. Da taucht plötzlich ein alter Schulkamerad von Fanny auf und bringt ihr Leben ordentlich durcheinander, sehr zum Missfallen von Jean, der jetzt eine ganz andere Seite von sich zeigt.

Selbst wenn man nicht weiß, wer hier Regie geführt hat, erkennt man nach ein paar Minuten die unweigerliche Handschrift von W. Allen.
Es ist sein erster Film, den er auf Französisch gedreht hat, da er Gerüchten zufolge aufgrund der Vorkommnisse in seiner Vergangenheit in den USA keine Geldgeber mehr findet. So hat er in Europa produziert und die Geschichte auch gleich nach Paris verlegt.
Im Gegensatz zu anderen Werken Allens fließt diese Dramödie einfach so hin, die gewohnte Bissigkeit ist heruntergeschraubt. Trotzdem enthalten die Dialoge schon Spitzen und teils auch hintergründigen Witz. Mit einer Modelleisenbahn hat er auch einen Running Gag in sein Werk eingebaut.
Die warme Farbgebung ist ebenfalls typisch für die Werke Allens und wird hier nochmals zu einem Markenzeichen hochstilisiert, ohne übertrieben zu wirken.
Die Geschichte ist trotz einiger Wendungen hin zu einem leichten Krimi von einer Leichtigkeit geprägt, die ebenfalls typisch für den Regisseur ist.
Unterstrichen wird das noch durch den Einsatz beschwingter Jazzmusik, die sich wie ein akustischer roter Faden durch den ganzen Film zieht.

Dabei sind die Schauspieler zwar spielfreudig aber nicht unbedingt überragend, der Fokus liegt eben auf der Inszenierung der Geschichte.

Vielleicht ist es das letzte Werk des mittlerweile 88 Jahre alten Regiemeisters, sicherlich nicht das Schlechteste und auf jeden Fall in seiner gesamten Machart wie eine Reminiszenz an sich selbst bis hinein in den Look des Abspanns.
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ABIGAIL

#809 

Beitrag von MovieMan »

Ein Gangstersextett entführt die 12jährige Abigail, bringt sie zu einem abgelegenen Herrenhaus und soll sie ein paar Stunden dort festhalten. Für diesen eigentlich leichten Coup winken insgesamt 50 Mio Dollar, genug für ein sorgenfreies Leben. Doch die kleine Rotzgöre weiß sich zu wehren und ehe die 6 Idioten begriffen haben, wen sie da vor sich haben, ist es wohl schon zu spät.

Horrorvariante aus einer Mischung von KEVIN ALLEIN ZU HAUS, REDAY OR NOT und BECKY mit leichten Anleihen aus RESERVOIR DOGS. Um sich die Spannung so weit wie möglich zu erhalten, schaut man sich vor dem Film am besten weder Trailer noch sonstige Berichte zu dem Film an.
Trotz einiger fieser nach guter Handarbeit aussehender Splatterszenen ist der Film ganz klar auf Action und Fun ausgerichtet. A. Weir in der Rolle der Abigail überteibt zwar manchmal das Schauspiel etwas, doch den Spaß an der Rolle kann man ihr keinesfalls absprechen.
Die anderen Protagonisten agieren eher mittelmäßig, was an den zugewiesenen Rollen und am Drehbuch liegen dürfte. Die Versuche einer Charaktervertiefung gehen doch mehr ins Leere und die Figuren bleiben oberflächlich. Doch nachschauend betrachtet liegt der Fokus auch nicht wirklich auf der Charakterstärke der Figuren sondern eben auf Action und Fun.

Glücklicherweise ist der Film auch nicht künstlich in die Länge gezogen, so geht die Spannungskurve zwischendurch nicht wesentlich herunter. Dazu trägt auch die Schnitttechnik bei, die das Geschehen immer in einen anderen Teil des Hauses verlagert, unweigerlich zusteuernd auf einen jeweiligen neuen Höhepunkt.

Kurzweilige und teils blutige Horroraction mit Funfaktor und einigen gut handgemachten Effekten sowie einer leicht überagierenden Rotzgöre im Mittelpunkt.
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CIVIL WAR

#810 

Beitrag von MovieMan »

In den nicht mehr "vereinigten" Staaten von Amerika herrscht Bürgerkrieg, nachdem der Präsident eine dritte Amtszeit für sich ausgerufen hat und ein Zusammenschluss von Kalifornien und Texas im Rahmen eines Westbündnisses für seine Ablösung sorgen will. Bevor die Truppen des Westbündnisses gegen die Anstrengungen der Regierungstruppen, dieses zu verhindern, Washington DC erreichen, machen sich 4 Journalisten auf den Weg nach DC, um den Präsidenten vor seiner "Ablösung" noch ein letztes Interview über seine Beweggründe in seiner Regierungszeit zu entlocken. Sie müssen dafür einen weiten Umweg in Kauf nehmen und bringen sich zusehends mehr und mehr in eigene Gefahr - Pressefreiheit hin oder her.

!!! Wammmmm !!! Kompletter, mehrfacher Tritt in meine Magengrube.
Selten bin ich von einem Film so nachhaltig beeindruckt worden, wie von diesem. Hatte ich mich schon aufgrund des vielversprechenden ersten Trailers auf ein besonderes Spektakel mit ordentlich politischem Hintergrund eingestellt, hat mich der Film trotzdem unerwartet hart getroffen.

Die Inszenierung ist darauf ausgerichtet, den Zuschauer zwangsweise (!) hautnah am Geschehen teilnehmen zu lassen. Die Unmittelbarkeit, die in den Schlachten von IM WESTEN NICHTS NEUES nur stellenweise vorhanden war, durchzieht hier den Großteil des Films. Dem Zuschauer wird fast über die komplette Laufzeit des Films keine Verschnaufspause gegönnt. Grausame, geradezu menschenverachtende Bilder werden durch die 4 Protagonisten "journalistisch trocken" eingefangen und in langen Einstellungen an den Zuschauer transportiert - schwer zu ertragen. Fast paralysiert nehme ich als Zuseher am Geschehen teil, der Puls ist weit oben und kommt auch in den wenigen und wesentlich zu kurzen "Pausen" nicht wirklich runter.
Verstörend ist das Zusammenspiel zwischen Ton und Bild sowie einsetzendem bzw. auch aussetzendem Score und Vermischung mit verstörend und der Situation unangemessen klingenden Songs. So ähnlich habe ich damals im Kino nur die Inszenierung der ungekürzten Version von NATURAL BORN KILLERS wahrgenommen.
Gepaart wird das mit einem Zusammenspiel aus Kameraarbeit und Schnitt, wie man es wohl nicht mehr besser machen kann. Genau so bringt man Bilder auf die Leinwand, die die höchstmögliche Wirkung entfalten. Sei es der Bildausschnitt, der Blickwinkel oder die Länge der Einstellung sowie der Wechsel zwischen den Figuren, alles aus einem Guss und höchst wirkungsvoll.
Akutisch baut man auf echte Schussgeräusche, nicht so fulminant wie in anderen Actionfilmen, aber realistisch, wenn nicht gar zu realistisch.

Die inhaltliche Inszenierung steht dem keinesfalls nach und wirkt nochmals von einer ganz anderen Seite auf den Kinogänger ein.
Die Diskrepanz zwischen dem Geschehen und der stellenweise fast nüchternen Verarbeitung der Protagonisten, fokussiert auf das berufliche Ziel, verstört ebenfalls.
Und dann schafft man es auch noch, den 4 Journalisten jeweils ganz eigene Charakterzüge und Beweggründe für ihr Handeln und ihre Haltung mitzugeben und diese mit Fortgang der Geschichte im Sinne einer charakterlichen Entwicklung wieder infrage zu stellen.
So entseht eine Gesamtgeschichte, die sich nicht nur mit gesellschaftspolitischen Themen auseinandersetzt sondern auch differenziert mit der Rolle und dem Wirken sowie der Aufgaben des Journalismus im Gesamtgefüge, und zwar bis hin zur letzten Einstellung des Films.
Insofern empfehle ich, die lang eingeblendete und sich langsam verändernde Schlusseinstellung mal auf sich wirken zu lassen.

Einzig schauspielerisch gibt es kaum Höhepunkte zu verzeichnen. Die Akteure fügen sich dem Geschehen unter, ganz was man vielleicht von Journalisten auch erwartet. Ein Highlight gab es für mich aber trotzdem: J. Plemons spielt einen Redneck, für den nur echte Amerikaner etwas gelten, Rassenhass pur, sodass man das Würgen bekommt - schauspielerisch aber grandios rübergebracht.

Zu einem besseren Zeitpunkt kann man diesen Film gar nicht zeigen, sei es, aufgrund der weltpolitischen Lage als auch aufgrund der bevorstehenden Wahlen in den USA und deren vermeintliche Präsidentschaftskandidaten.
Es gelingt auch nicht, das Geschehen als Historie oder Zukunftsgedanken "abzutun", zu sehr werden hier inhaltlich bereits Bilder und Geschehnisse der Gegenwart in dem sich heute bereits andeutenden Verfall der Gesellschaften aufgezeigt. Das gezeigte Bedrohungsszenario wirkt dadurch real und nicht mehr so weit entfernt - fast wie eine letzte Warnung an die Menschheit, insbesondere an die westlich orientierten Demokratien.

Für mich ein Film, den man getrost auch als Diskussionsgrundlage in der schulischen Bildung im Fach Politik einsetzen kann (wie damals auch schon DIE WELLE), denn aktueller und eindringlicher geht es kaum.

Ein Film wie eine Lawine, die einen überrollt und beeindruckt und ratlos zurücklässt, hochaktuell und als Warnung konzipiert. Volltreffer! Wenn auch schwer zu verdauen, sollte man sich dem nicht entziehen. Für mich der beste Antikriegsfilm seit APOCALYPSE NOW, nur eben schon auf die (hoffentlich nicht eintretende) Zukunft gerichtet.
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